Seit vielen Jahren bin ich Prüfer für angehende Triebfahrzeugführer*innen. Es ist ein Beruf, den ich mit großer Verantwortung, aber auch mit viel Herzblut ausübe. In all den Jahren habe ich sehr viele Prüfungen abgenommen – und doch sind es immer wieder bestimmte Momente, die mich tief berühren und mir zeigen, wie viel mehr hinter einer bestandenen Prüfung steckt als nur ein weiterer Schritt auf dem Karriereweg.
Besonders beeindruckend finde ich die Geschichten mancher Prüflinge, die einen sehr besonderen Lebensweg hinter sich haben: Menschen, die vor wenigen Jahren noch auf der Flucht waren – oft unter lebensgefährlichen Bedingungen –, um hier in Deutschland eine neue Perspektive zu finden. Sie lernen unsere Sprache, bilden sich weiter, kämpfen sich durch – und stehen dann eines Tages vor mir zur Prüfung als Triebfahrzeugführer*in.
Wenn ich dann ein positives Prüfungsergebnis verkünde, geschieht oft etwas ganz Besonderes. In diesen Momenten spürt man förmlich, wie eine große Last von den Schultern fällt. Tränen fließen nicht selten – aber nicht aus Traurigkeit, sondern aus Erleichterung, aus Stolz und aus Hoffnung. Es ist der Moment, in dem aus einem Weg voller Unsicherheit ein Ziel wird. Ein Stück Zukunft. Ein Gefühl von Zuhause.
Eines der schönsten Erlebnisse meiner Laufbahn war, als mich ein stolzer Vater nach der bestandenen Prüfung seines Sohnes zum Essen einlud. Für ihn war es ein so bedeutender Moment, dass er ihn mit allen teilen wollte. Und für mich war es der vielleicht schönste Beweis dafür, wie Integration gelingen kann: wenn aus Fremdsein Zugehörigkeit wird. Wenn aus geflüchteten Kollegen, Fachmänner/Fachfrauen oder Triebfahrzeugführer*innen werden.
In solchen Augenblicken wird mir immer wieder bewusst: Mein Job ist nicht nur, Wissen zu prüfen. Es ist ein kleiner Teil einer viel größeren Geschichte. Und manchmal darf ich Zeuge davon sein, wenn sich ein neues Kapitel öffnet – für jemanden, der es sich mit großem Einsatz verdient hat.